Sie sind dünn oder dick, weich oder hart, einschichtig oder mehrschichtig: Aligner. Sie kommen in verschiedenen Ausführungen täglich zur Korrektur von Zahnfehlstellungen zur Anwendung und unterscheiden sich neben ihrer Ausführung vor allem hinsichtlich des Materials, aus dem sie gefertigt sind.
Heute sind zahlreiche Alignersysteme verfügbar, die sich beim Design und der Herstellung der nahezu unsichtbaren Korrekturschienen modernster CAD/CAM-Technologie bedienen. In heutigen Alignern steckt ein komplexer Fertigungsprozess, bei dem die erforderlichen Zahnbewegungen zunächst dreidimensional am Computer geplant werden. Von der Ausgangssituation bis zum Behandlungsziel errechnet eine Software die Bewegungsabfolge inklusive der dafür benötigten Therapieschritte. Dieser virtuelle Behandlungsplan wird vom Fachzahnarzt für Kieferorthopädie genauestens geprüft und optimiert, was fachliches Know-how und Erfahrung erfordert. Nach Freigabe des Plans werden die durchsichtigen Schienen direkt gedruckt und ein entsprechender Aligner gefertigt. Indem der Patient die Alignerserie dann nach und nach „abträgt“, wird die in den Schienen enthaltene Bewegungsinformation auf die Zähne übertragen, bis deren Fehlstellung korrigiert ist. Eine Menge Hightech, die da in solch einem Stück Plastik steckt und verdeutlicht, warum ein Aligner zum Beispiel teurer als eine Knirscher- oder Retentionsschiene ist. Die Kosten sind zwar höher, aber der Preis ist gerechtfertigt, denn Aligner erzielen eine große Wirkung.
Modernen Alignern wird heute eine Menge abverlangt. Sie sollen eine unauffällige Therapie bei hohem Tragekomfort gewährleisten, ohne dass der Alltag des Patienten eingeschränkt wird. Darüber hinaus soll ihr Einsatz natürlich hocheffektive Stellungskorrekturen und somit kürzeste Behandlungszeiten ermöglichen, und das bei besonders sanften, gewebeschonenden Zahnbewegungen. Um all dies zu realisieren, wurden in den letzten Jahrzehnten große Anstrengungen in der Entwicklung und Optimierung von Alignermaterialien unternommen. Deren mechanische Eigenschaften beeinflussen die klinische Leistung der Schienen signifikant.
Zur Fertigung von durchsichtigen Alignern sind Materialien gefragt, die unter anderem eine hervorragende Transparenz und Bioverträglichkeit, eine gute Elastizität sowie ein hohes Rückstellvermögen, einen geringen Härtegrad bei optimaler Schlag- und Reißfestigkeit aufweisen. All diese Eigenschaften und noch viele weitere wirken sich unmittelbar auf die Ästhetik, den Komfort und vor allem den Sitz der Schienen aus. Und somit auch direkt auf die Effizienz der Therapie, etwa bei Zahnfehlstellungen und Zahnlücken. Derzeit werden von den Alignerherstellern verschiedene thermoplastische Materialien eingesetzt, wovon glykolmodifiziertes Polyethylenterephthalat (PET-G) und thermoplastische Polyurethane (TPU) am häufigsten verwendet werden. Darüber hinaus kommen Multi-Hybrid-Materialien zur Anwendung, die bestimmte Eigenschaften einzelner Materialien miteinander kombinieren.
Neben der chemischen Zusammensetzung kann auch die Dicke des Alignermaterials dessen biomechanische Eigenschaften beeinflussen. Zwischen 0,5 bis 1,5 mm beträgt die Stärke einer thermoplastischen Kunststoff-Folie. Je dicker und damit starrer das Material, desto höher die wirkenden Kräfte. Während manche Systeme im Behandlungsverlauf einschichtige Aligner unterschiedlicher Stärke verwenden, um die Zahnbewegungen zu steuern, ist dies bei anderen Anbietern wie etwa Invisalign nicht erforderlich. Stattdessen werden Aligner einer Stärke eingesetzt, die aus einem mehrschichtigen Material gefertigt sind und hocheffektive wie komfortable Korrekturen ermöglichen.
Während Aligner bislang mittels Vakuum-Tiefziehtechnik hergestellt werden, wird intensiv an der Entwicklung biokompatibler Materialien für deren direkten 3D-Druck gearbeitet. Aktuell wird z.B. von einem Alignermaterial mit Memory-Effekt berichtet, welches – wie thermoelastische Bögen bei einer Multibandbehandlung – seine wirkende Kraft in Abhängigkeit von der Temperatur entfaltet.
Neben Retainern und Zahnspangen gibt es Aligner schon länger. Aligner werden im Rahmen kieferorthopädischer Behandlungen schon lange eingesetzt. Ihren Ursprung haben sie im „Positioner“. Das war ein von Kesling 1945 eingeführtes Therapiegerät aus elastischem Polymer, das beide Zahnbögen umfasste und nach Abschluss einer festsitzenden Behandlung für finale Zahnbewegungen genutzt wurde. 1964 stellte Nahoum mit der „Dental Contour Appliance“ die erste transparente Schienenapparatur vor, die mittels thermoplastisch verformbaren Kunststoffs kieferorthopädische Zahnbewegungen ermöglichte. Basierend auf diesem Prinzip wurden in der Folge dann verschiedene Retentionsschienen zur Sicherung von Behandlungsergebnissen entwickelt. Sie waren eng mit Namen wie Pontiz, Sheridan oder Osamu verbunden und finden noch heute Anwendung. Als 1998 mit Invisalign schließlich das erste softwarebasierte Alignersystem auf den Markt kam, mit dem Zahnfehlstellungen mithilfe nacheinander einzusetzender Schienen korrigiert werden konnten, stellte das einen Meilenstein in der Entwicklung der Alignertherapie dar.
Quellen: